Dienstag, 26. Februar 2008

Kompromiss oder Win-Win-Situation?

In Kooperationen kommen verschiedene Interessen zusammen. Es gibt ein gemeinsames Ziel und dabei auch durchaus unterschiedliche Interessen. Wie geht man damit um?

Verhandlungen zwischen verschiedenen Parteien führen meist zu Kompromissen, oft auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners. Damit gehen Chancen verloren und Potenziale werden nicht genutzt. Kompromisslösungen funktionieren nach dem Gewinner-Verlierer-Modell, auch wenn alle Parteien auf etwas verzichten. Es bleibt eine Unzufriedenheit und bei nächster Gelegenheit wird ein Konflikt wieder ans Tageslicht kommen. Daher sind Kompromisse wenig verlässlich und führen u.U. zu Folgekonflikten, verdeckten Gegenangriffen sowie Einbrüchen in der Motivation der Beteiligten.

Bei der Win-Win-Lösung geht es nicht darum, die eigene Position durchzusetzen oder Abstriche zu machen, sondern eine Lösung zu finden, die von allen Beteiligten akzeptiert wird. Eine Situation, in der jeder das Gefühl hat, durch diese Lösung etwas zu gewinnen und nicht zu verlieren.

Win-Win-Situationen lassen sich erzielen, wenn keine massiven Interessengegensätze vorliegen und es den Beteiligten gelingt, die Interessen zu artikulieren. Konfliktpositionen spiegeln die persönlichen Forderungen und Meinungen der Beteiligten wider und sind oft hart umkämpft, da sie mit Emotionen verknüpft sind. Im Extremfall steht Meinung gegen Meinung und Forderung gegen Forderung. Dahinter verbergen sich die eigentlichen Interessen, das, was mit den Positionen erreicht werden soll. Sobald es gelingt herauszufinden, was hinter Forderungen und Positionen steckt, statt sich mit Vordergründigem zu beschäftigen, kann man sachlich darüber diskutieren, welche Lösungsvariante die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt.

Win-Win-Situationen zu schaffen, ist eine typische Aufgabe eines Kooperationsmanagers oder Coaches. Daher ist es gut, wenn ein solcher Kooperationsmanager allparteilich ist und nicht die Interessen einer der Kooperationspartner zu verfolgen hat.

Unzugängliche Systeme?

Wie kommt es, dass die Arbeit in Netzwerken und Kooperationen trotz des guten Willens der Beteiligten so oft erlahmt oder zumindest den anfänglichen Schwung verliert?

Wir leben jeweils in Organisationskulturen mit bestimmten eingefahrenen Routinen und Abläufen, die wir für selbstverständlich halten - wir haben also ein "System". Dann stellen wir im Laufe der Netzwerkarbeit fest, dass andere Systeme sich als fremd und unzugänglich erweisen. Das liegt daran, dass wir unbewusste Vorannahmen und Erwartungen darüber haben, wie andere etwas erledigen, wie sie kommunizieren, wie sie sich verhalten - nämlich so ähnlich wir wir. Doch das ist nicht so.

Unterschiedliche Qualifizierungswege und Berufsbiografien haben zu unterschiedlichen Denkhaltungen geführt. Mag dies in der Startphase einer Kooperation noch von der hohen Startenergie aller Beteiligten übertönt werden, so entsteht in der späteren Alltagsphase oft eine gewisse Kommunikationslosigkeit. Fremdheit und Distanz kommen auf.

Ein gutes Beispiel sind Kooperationen, in denen Mitarbeiter aus sozialen Berufsfeldern mit mit solchen aus Wirtschaftsunternehmen zusammenarbeiten. Die einen sind in ihrer Arbeit eher prozessorientiert, die anderen eher ergebnisorientiert. Kommen noch unterschiedliche Bekleidungsgewohnheiten hinzu, entsteht schnell der Eindruck einer gewissen Fremdheit.

Darum lege ich in meiner Arbeit einen so großen Wert auf Prozesse und Kommunikation. Ich ermuntere immer wieder, unterschiedliche Denkhaltungen und Verhaltensweisen als Bereicherung zu empfinden, statt zuerst auf die Unterschiede zu schauen.

So wird aus dem Potenzial der Unterschiede dann die Kraft der Gemeinsamkeit.